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Meiningen in Thüringen

Schon seit der Bronzezeit war das Werratal im Raum Meiningen von Kelten und später von germanischen Stämmen besiedelt. Auf Letztere bezieht sich der Name Meiningen, deren Siedlungen die typischen „-ingen oder -ungen“-Endungen aufweisen.

Die Entwicklung zur Stadt und Spätmittelalter

Meiningen entstand im 7. Jahrhundert im Zuge der fränkischen Staatserweiterung, die mit dem Schaffen von Handelsstraßen, Flussübergängen und Grenzmarken betrieben wurde. Ein solcher Schnittpunkt von zwei Handelsstraßen und einer Furt war Meiningen, das urkundlich nachweisbar auch der Hauptort einer Mark war. Kaiser Otto II. übergab im Jahr 982 sein KönigsgutMeiningen in der Meininger Mark dem Stift Sankt Peter und Paul in Aschaffenburg, das aber kurze Zeit später an den Kaiser zurückfiel. Der Siedlungskern lag hochwassergeschützt im heutigen südlichen Teil des Englischen Gartens rund um die Martinskirche. An deren Stelle befindet sich heute die herzogliche Gruftkapelle.

Ritter des Königsgutes veranlassten 1003 den Baubeginn der heutigen Stadtkirche. 1008 gab Kaiser Heinrich II. dem Bistum Würzburg Meiningen als Lehen, dem die Stadt nun 534 Jahre lang angehörte. Im 11. Jahrhundert verlagerte sich die Siedlung rings um die neue Stadtkirche und die Würzburger Wasserburg, die am Ort des heutigen Schlosses Elisabethenburg errichtet wurde. Der Ort bestand in dieser Zeit überwiegend aus einzeln stehenden einstöckigen Fachwerkhäusern, die von Handwerkern und Ackerbauern bewohnt wurden. Diese Bebauung verdichtete sich im Laufe der Zeit zu lückenlosen Häuserzeilen mit zweistöckigen Fachwerk- und Steinhäusern und einzelnen Kemenaten.

1153 erlangte Meiningen die Gerichtsbarkeit, wurde 1230 erstmals als Stadt genannt und erhielt im Jahre 1344 die Rechte der Freien Reichsstadt Schweinfurt. Zum Schutze der Stadt wurde ein Verdeidigungssystem angelegt, das aus einem doppelten Mauerring mit rund 30 Halbschalentürmen, zwei großen Stadttoren und drei Wassergräben bestand. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte lehnte sich Meiningen immer wieder gegen die drückende Herrschaft der Bischöfe auf, die daraufhin die Rechte der Stadt beschnitten. 1432 zerstörten die Meininger Bürger bei einem Aufstand die Würzburger Burg, an deren Stelle der Bischof Lorenz von Bibra von 1509 bis 1511 eine neue Burganlage errichten ließ.

Im Bauernkrieg von 1525 schloss sich die Stadt dem Bildhäuser Haufen an, der später bei Dreißigacker von fürstlichen Truppen geschlagen wurde. Daraufhin wurde Meiningen mit Sanktionen und Hinrichtungen von Bürgern bestraft.

Im Jahr 1542 kam die Stadt durch Tausch mit dem Amt Mainberg an die benachbarten Grafen von Henneberg, nach deren Aussterben 1583 an das ernestinische Herzogtum Sachsen.

Wirtschaftliche Blüte um 1600

Im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts erlangte Meiningen durch die Barchent- und Leinenweberei und Stoffhandel eine große wirtschaftliche Blüte, die die Einwohnerzahl bis auf 5.000 ansteigen ließ. 1614 stellten 234 Handwerksmeister 37.312 Tuche her. Diese Blütezeit wurde abrupt durch den Dreißigjährigen Krieg beendet, in dessen Folge die Stadt mehrmals geplündert wurde und die Einwohnerschaft sich durch die Kriegswirren halbierte. Baulich relativ unversehrt überstand Meiningen den Krieg nur durch die Zahlung von 3.000 Talern an den kroatischen Feldherrn Isolani, der die zahlungsunfähigen Nachbarorte in Brand stecken ließ. Zuletzt hatte Meiningen seiner in Jahrhunderten entstandenen starken Stadtbefestigung zu verdanken, dass es 1640 den Angriffen schwedischer Truppen widerstand. 1641 wurde die Martinskirche zerstört, die 1658 wieder aufgebaut wurde.

1660 kam Meiningen zum Herzogtum Sachsen-Altenburg und wechselte bereits 1672 zum Herzogtum Sachsen-Gotha. Dessen Herzog Ernst I. veranlasste 1673 die Verstärkung der Stadtbefestigung durch den Stadttoren vorgelagerte Forts und Zugbrücken.

Meiningen als Haupt- und Residenzstadt

Nach mehreren Erbteilungen wurde unter Herzog Bernhard I. 1680 das Herzogtum Sachsen-Meiningen gebildet, welches sich bis zu seiner Auflösung 1918 mehrmals vergrößerte. Meiningen wurde Haupt- und Residenzstadt. 1682 war der Baubeginn des Residenzschlosses Elisabethenburg. 1690 gründete der Herzog die Hofkapelle und 1692 wurde der Schlosspark zunächst als Renaissancegarten angelegt.

Seit der Regierung der Enkel Bernhards bemühten sich die Herzöge, aufgeklärt und liberal sowohl in religiöser als auch in politischer Hinsicht, um das Wohl ihres Landes und legten Wert auf Volksnähe. 1776 wurde das erste Lehrerseminar Thüringens in Meiningen gegründet. Am Ende des 18. Jahrhunderts ließ Georg I. Teile der Stadtbefestigung abreißen und 1782 den Englischen Garten anlegen.

1831 wurde das erste Meininger Hoftheater eröffnet. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt durch die Gründungen der Mitteldeutschen Kreditbank (1852), der Deutschen Hypothekenbank (1862) und durch Niederlassungen anderer Banken zu einem der bedeutendsten Finanzstandorte Deutschlands. Bereits 1858 erhielt Meiningen mit der Eröffnung der Werrabahn Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz. Durch den Bau von Kasernen wurde Meiningen auch Garnisonsstadt. Nach dem Krieg Preußens gegen Österreich im Jahre 1866 musste Herzog Bernhard II., der auf der Seite der Österreicher stand, abdanken, um das Herzogtum vor einer Übernahme durch die siegreichen Preußen zu retten. Durch seinen Nachfolger Herzog Georg II., der als Theaterherzog mit einer weltweit bedeutenden Theaterreform in die Kulturgeschichte einging, erhielt Meiningen eine besondere kulturelle Bedeutung. 1868 wurde das Herzogtum in Landkreise unterteilt und Meiningen wurde somit eine von vier Kreisstädten.

Bei einem verheerenden Stadtbrand im Jahre 1874 wurde etwa ein Drittel der Gebäude in der Stadt zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte mit der Unterstützung von Spenden vieler deutscher Städte im klassizistischem Stil, der Meiningen ein neues, bis heute stadtbildprägendes Gründerzeitviertel bescherte. Ebenfalls 1874 nahm mit der Einweihung des bayerischen Bahnhofs die von der Bayerischen Staatsbahn betriebene Bahnlinie Meiningen-Schweinfurt ihren Betrieb auf.

Eine Industrialisierung von Meiningen konnte das Herzoghaus um eine saubere Residenzstadt willen geschickt verhindern. Dennoch verdoppelte sich zwischen 1870 und 1910 die Einwohnerzahl und die Stadt wuchs weit über ihre mitteralterlichen Grenzen hinaus. Im Norden, Westen und Osten wurden neue ausgedehnte Wohngebiete, Villenviertel und einige Gewerbeflächen angelegt, rund um das Stadtzentrum entstanden große repräsantive Verwaltungs- und Kulturgebäude. 1909 wurde das neue Haus des Hoftheaters eröffnet, nachdem ein Jahr zuvor das alte abgebrannt war. 1914 nahm die Hauptwerkstatt der Preußischen Staatsbahn, das spätere RAW und Dampflokwerk, seine Arbeit auf. Nach Abdankung des Herzogs Bernhard III. infolge der Novemberrevolution war Meiningen von 1918 bis 1920 Hauptstadt des Freistaates Sachsen-Meiningen und 1920 einer der sieben Gründerstaaten Thüringens.

1920 bis 1952

1927 entstand auf dem Rohrer Berg ein Verkehrsflugplatz, der zum deutschen Flugliniennetz gehörte und von der Lufthansa angeflogen wurde. Ein großes Ereignis in der Geschichte der Stadt war die Landung des Luftschiffes LZ 127 „Graf Zeppelin“ am 11. Oktober 1931 auf dem Meininger Flugplatz. Eine weitere Zeppelinlandung fand am 9. Juli 1939 mit der LZ 130 statt.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Mitte der 1930er-Jahre mit dem Neubau der Barbara- und der Drachenbergkaserne Meiningen als Garnisonsstandort ausgebaut. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt wiederholt von Bombenangriffen heimgesucht, der schwerste am 23. Februar 1945 forderte 208 Tote und zerstörte über 200 Häuser (darunter auch das Rathaus und das Landgericht). Von 1943 bis zur Übernahme durch die US-Armee 1945 befanden sich in der Drachenbergkaserne die OKW-Abteilungen Wehrmachtauskunftstelle und Amt Ausland. Am 5. April 1945 eroberten die Amerikaner die Stadt, die dann im Juli desselben Jahres von der Roten Armee übernommen wurde. Diese bezogen die Stadt- und die Barbarakaserne. In die Drachenbergbergkaserne wurde 1946 eine Einheit der Thüringer Bereitschaftspolizei untergebracht.

Die DDR-Zeit

Von 1952 bis 1990 gehörte Meiningen als Kreisstadt zum Bezirk Suhl. Durch den im Krieg zerstörten Wohnraum und einer langsam wachsenden Bevölkerung sind viele Wohnhäuser überbelegt, deren Wohnungen oftmals von zwei bis drei Mietparteien geteilt wurden. Um 1960 errichtete man somit neue Wohngebiete im Bodenweg und am Drachenberg. Mit dem Bau eines Werkes für Mikroelektronik entstand schließlich von 1970 bis 1982 im Norden zwischen Helba und Welkershausen mit Plattenbauten der neue Stadtteil Jerusalem mit rund 6.000 Einwohnern. Dennoch herrschte in dieser Zeit städtebauliche Stagnation, da außer einigen Schulen keinerlei neue öffentliche Gebäude entstanden. Weiterhin wurde wertvolle historische Bausubstanz dem Verfall preisgegeben. Viele Baulücken, entstanden durch Notabrisse, beweisen dies im heutigen Stadtbild. 1988 begann die Städtepartnerschaft mit Neu-Ulm. In der Wendezeit im Oktober und November 1989 war die Stadtkirche das regionale Zentrum der Friedensgebete und der Ausgangspunkt mehrerer bis zu 20.000 Teilnehmer zählenden Demonstrationen für die deutsche Einheit.

Von 1990 bis heute

Im Oktober 1990 wurde Meiningen Teil des wiedergegründeten Thüringens. Mit dem Abzug der russischen Truppen im Jahre 1991 ging die Zeit als Garnisonsstadt zu Ende. Mit der Schaffung des 80 Hektar großen Gewerbegebiets „Dreißigacker“ wurde die Grundlage für die weitere wirtschaftliche Entwicklung gelegt. In den 1990er-Jahren wurde die Stadt wieder eine bedeutende Kunst- und Kulturstadt, die sie bereits bis in die 1950er-Jahre war. Seit 1990 gibt es partnerschaftliche Verbindungen zu Obertshausen in Hessen. Im Jahr 1994 wurde Meiningen Kreisstadt des neugebildeten Landkreises Schmalkalden-Meiningen.

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